© Have a nice day - stock.adobe.com
Versorgung gemeinsam gestalten
2. IGiB-Zukunftstag am 18. Juli 2025
Wie kann die Gesundheitsversorgung in Brandenburg zukunftsfähig gestaltet werden? Der Zukunftstag lud dazu ein, den aktuellen Stand und zukünftige Entwicklungen der Versorgung im Land zu beleuchten. Im Mittelpunkt standen innovative Konzepte, neue Versorgungsmodelle und die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen – mit besonderem Blick auf die Herausforderungen und Chancen kleiner Landkrankenhäuser.
Die Veranstaltung eröffnete die Möglichkeit, unterschiedliche Perspektiven kennenzulernen, Leitplanken für die Umwandlung von Krankenhäusern zu diskutieren und sich aktiv mit eigenen Meinungen, Ideen und Erfahrungen einzubringen.
Unter dem Motto „Versorgung gemeinsam gestalten“ erwartete die Gäste innovative Ansätze, inspirierende Best Practices und ein lebendiger Austausch mit Expertinnen und Experten sowie engagierten Praktikerinnen und Praktikern. Wir haben uns gefreut, unsere brandenburgische Gesundheitsministerin als Schirmherrin begrüßen zu dürfen und sie zur Eröffnung unserer Veranstaltung willkommen zu heißen.
Agenda
Stand: 15.07.2025

Moderation: Matthias Gabriel, Springer Medizin Verlag (Ärztezeitung)
Eröffnung und Begrüßung
Catrin Steiniger, Geschäftsführende Gesellschafterin der IGiB GbR, Vorsitzende des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg
„Andere reden darüber – wir machen es!“ Dieser Satz bringt auf den Punkt, worum es beim IGiB-Zukunftstag ging: Gemeinsam handeln, statt nur zu debattieren. In Brandenburg zeigen wir, dass gute medizinische Versorgung auch im Flächenland möglich ist, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen.
Der IGiB-Zukunftstag hat eindrucksvoll bewiesen, wie engagiert und lösungsorientiert die Partnerinnen und Partner in unserem Bundesland zusammenarbeiten. Rund 80 Teilnehmende aus Versorgung, Politik, Wissenschaft und Krankenkassen haben offen und konstruktiv neue Ansätze für die Versorgung diskutiert – mit dem klaren Ziel, diese auch in die Praxis zu bringen.
Als Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg setzen wir uns mit Nachdruck dafür ein, dass innovative Versorgungsmodelle entstehen, wachsen und verstetigt werden. Der IGiB-Zukunftstag war ein wichtiges Signal: Die Herausforderungen in der Versorgung sind groß, aber unser Gestaltungswille ist größer.
Britta Müller, Ministerin für Gesundheit und Soziales des Landes Brandenburg
Mit klaren Worten und einem klaren Appell hat Brandenburgs Gesundheitsministerin die 2. IGiB-Zukunftskonferenz eröffnet. Als Schirmherrin der Veranstaltung betonte sie: „Gesundheit braucht Mut, Kreativität und Zusammenarbeit – wir alle tragen Verantwortung für die Versorgung von morgen.“
Die Ministerin machte deutlich, dass Brandenburgs Landesregierung fest zum Erhalt aller Krankenhausstandorte steht und sich für eine qualitative, bedarfsorientierte und wohnortnahe Versorgung einsetzt. Dafür sei es notwendig, über sektorale Grenzen hinauszudenken und neue Versorgungsmodelle gemeinsam zu entwickeln.
Besonders hob sie die Rolle der IGiB als Innovationsmotor hervor: Mit Projekten wie agnesZWEI oder den KV RegioMed Bereitschaftsdienstpraxen zeige die IGiB, wie moderne Versorgung gelingen kann – interprofessionell, patientennah und praxisorientiert.
Doch es gehe um mehr als Einzelprojekte: Die Zukunft stelle zentrale Fragen an Rollenverständnisse, digitale Lösungen und die konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten. „Wir müssen Medizin dorthin bringen, wo sie gebraucht wird – flexibel, vernetzt und menschlich,“ so die Ministerin.
Mit einem eindringlichen Appell schloss sie ihre Rede: „Suchen wir gemeinsam nach allen Nadeln im Heuhaufen – für eine Gesundheitsversorgung, die Zukunft hat.“
Künstliche Intelligenz in der Gesundheitsversorgung
Daniela Teichert, Vorstandsvorsitzende AOK Nordost. Die Gesundheitskasse.
In Diskussionen um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz vermischen sich zuweilen vielversprechende Möglichkeiten mit nahezu unüberschaubaren Einsatzzwecken. Aber was ist in der Gesundheitsversorgung wirklich sinnvoll? Daniela Teichert, Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost, sortiert die Anwendungsmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in der Versorgung, denkt die Potenziale mit den bestehenden Herausforderungen im Gesundheitssystem zusammen und fordert: „Die Gesundheitsversorgung muss – auch und gerade mit den Möglichkeiten der KI – endlich konsequent ganzheitlich, regional und patientenorientiert gestaltet werden.“
Die Künstliche Intelligenz ist ein Assistenzsystem. Medizinische Entscheidungen und Therapien müssten stets in der Hand des Menschen bleiben, betont Holger Rostek, Vorstand der KVBB. „Wichtig ist, dass eine KI immer als Maschine begriffen wird, die nach nicht immer nachvollziehbaren Regeln Ergebnisse liefert. Ich lege deswegen großen Wert darauf, dass die Behandlung eines Patienten durch Ärztinnen und Ärzte sowie durch Medizinische Fachangestellte stattfindet.“
Holger Rostek, Stellv. Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg
Teamorientiertes Arbeiten in der medizinischen Versorgung - Physician Assistent und IGiB-Pilotierung
Prof. Dr. Katharina Larisch, Professorin für Physician Assistance | CBS University of Applied Sciences
Der doppelte Demographische Wandel sowie die Zunahme der Komplexität in der Gesundheitsversorgung getrieben von einer zunehmenden Multimorbidität bedarf neuer, akademisierter Gesundheitsfachberufe für standardisierte Tätigkeiten an und mit Patientinnen und Patienten. Voraussetzung für eine sinnvolle und nachhaltige Akademisierung und damit Verbesserung der Gesundheitsversorgung im ambulanten wie stationären Sektor ist die vollständige Integration und Akzeptanz dieser akademisierten Gesundheitsfachberufe.
Physician Assistance (PA) ist ein hochschulisch qualifizierter Gesundheitsberuf. Die PA-Ausbildung beinhaltet neben naturwissenschaftlichen Grundlagen die Basisfächer Anatomie, Physiologie, Pathologie undPathophysiologie, aber auch Hygiene und Mikrobiologie. Das Studium umfasst neben den großen Fachgebieten der Chirurgie und Inneren Medizin mit den jeweiligen Subspezialitäten auch Anästhesie und die sogenannten ,,kleinen‘‘ klinischen Fächer sowie die Notfallmedizin. Die Struktur des Studienganges und dessen Inhalte orientieren sich am Studiengang Humanmedizin. Mit Erwerb des Bachelors of Science haben PAs die Kompetenzen, die benötigt werden, um in enger Kooperation mit Ärztinnen und Ärzten zu arbeiten und ärztliche Aufgaben im Rahmen der Delegation und unter ärztlicher Supervision zu übernehmen, sofern diese Tätigkeiten weder einem gesetzlich normierten Arztvorbehalt noch dem Kernbereich ärztlicher Tätigkeit unterliegen. Eine eigenverantwortliche Substitution ärztlicher Leistungen ist nicht möglich.
Toni Heese, Projektleiterin Besondere Versorgungsformen | KVBB
Gerade im ländlichen Raum, wo die Möglichkeit der Leistungsinanspruchnahme und -erreichbarkeit oft eingeschränkt ist, benötigen Betroffene mit komplexen Versorgungsbedarfen und eventuell eingeschränkter Gesundheitskompetenz neben einer guten ärztlichen Versorgung oft auch Unterstützung bei der Koordination verschiedener Angebote.
Mit der Etablierung der agneszwei in Brandenburg, welche bei o.g. Betroffenen ein spezialisiertes Case Management durchführt, wurde bereits ein wichtiger Grundstein gelegt.
Die IGiB ist überzeugt davon, dass Physician Assistants einen wertvollen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderung im Rahmen des zunehmenden Ärztemangels leisten können. Durch die Übernahme erweiterter delegierbarer Aufgaben ermöglichen sie es Ärztinnen und Ärzten, mehr Arztzeit für die Patientenversorgung zu gewinnen und zugleich insbesondere in ländlichen Regionen eine individuellere Betreuung von Menschen mit multimorbiden Erkrankungen sicherzustellen, wobei das Fallmanagement dazugehört.
Um frühzeitig aus der Praxis für die Praxis Erfahrungen sammeln zu können soll das Pilotprojekt „Physician Case Management Assistant“ noch dieses Jahr starten.
Pia Elisa Madaida Lerch, Teamleiterin Pflege- und Versorgungsprojekte | AOK Nordost
Transformation Krankenhaus Seelow zum Gesundheitscampus
Katja Thielemann, Geschäftsführerin Krankenhaus Seelow
In den nächsten vier Jahren entwickelt sich das Krankenhaus Seelow weiter zu einem Gesundheitscampus als zentraler Anlaufpunkt für die Bürgerinnen und Bürger. Sie werden dort neben einem Krankenhaus der Grundversorgung ein umfassendes Angebot an ärztlichen, therapeutischen und pflegerischen Leistungen vorfinden. Mit der Weiterentwicklung des medizinischen Standortes Seelow wollen das Krankenhaus Seelow, die Partner der ‚IGiB – Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg GmbH‘ und das Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Brandenburg mit Blick in die Zukunft eine qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte medizinische Versorgung für die Bevölkerung sicherstellen.
Transformation kleiner Krankenhäuser: Voraussetzungen und Ziele
Karin Rütting, Unternehmensbereichsleiterin Verträge/Stationäre Versorgung | IKK Brandenburg und Berlin
Der Vortrag „Transformation kleiner Krankenhäuser: Voraussetzungen und Ziele“ von Katrin Rütting (IKK Brandenburg und Berlin) und Pramono Supantia (AOK Nordost) beleuchtet die wesentlichen Aspekte und Prozesse, unter denen kleinere Kliniken im ländlichen Raum zukunftssicher umgestaltet werden können – und müssen. Beide Referenten betonen die Dringlichkeit der Transformation. Angesichts demografischer Veränderungen, Fachkräftemangel und wirtschaftlicher Herausforderungen stünden viele dieser Einrichtungen unter enormen Druck.
Die beiden Experten fordern ein grundlegend neues Denken in der Gesundheitsversorgung: „sektorenübergreifend, bedarfsorientiert und patientenzentriert“. Gerade kleine Krankenhäuser könnten durch neue Versorgungsmodelle und die Einbindung nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe zu echten Gesundheitsknotenpunkten werden. Im Zentrum steht immer der Patient: wohnortnah, digital, ambulant vor stationär. Ziel ist eine qualitativ hochwertige, vergleichbare und zukunftsfeste Gesundheitsversorgung in Brandenburg.
Eine enge Verzahnung ambulanter und stationärer Leistungen sei notwendig, um Ressourcen effizient zu nutzen und Versorgungslücken in der Fläche zu schließen. Entscheidend sei dabei die verbindliche Zusammenarbeit aller Gesundheitsakteure in der Region und der gemeinsame Wille tragfähige Netzwerke aufzubauen.
Pramono Supantia, Seniorprojektmanager | AOK Nordost
Die Transformation beinhaltet unter anderem eine gestufte Versorgung, eine Neuordnung der Notfallstruktur, zentrale Steuerung von Ressourcen und den Umbau kleiner Standorte in ambulant-stationäre Versorgungseinrichtungen. Ziel ist eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe und wirtschaftlich tragfähige Versorgung. Effizienz, Qualität und Ergebnisorientierung stehen im Mittelpunkt – mit dem Anspruch, die Versorgung in Brandenburg messbar zu verbessern und nachhaltig zu sichern.
Michael Zaske, Abteilungsleiter Gesundheit | Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Brandenburg
Brandenburg steht nach wie vor großen Herausforderungen: Doppelte demografische Falle, Sicherung einer flächendeckenden Versorgung, Sicherung der Verfügbarkeit fachärztlichen Wissens und fachärztlicher Kapazitäten in der Fläche. Dies sind nur einige Beispiele.
Daraus und aus den sich entwickelnden gesetzlichen Rahmenbedingungen ergeben sich deutlich mehr Erfordernisse für die Zusammenarbeit der medizinischen Einrichtungen, Professionen und Sektoren. Auch Digitalisierung muss stärker einbezogen werden.
Für Brandenburg bedeutet dies im Ergebnis: Versorgung der Zukunft ist „stambulant“. Ein intelligenter Mix aus stationären und ambulanten Leistungen, angeboten in passgenauen Strukturen und digital vernetzt.
Erste Beispiele für erfolgreiche Projekte gibt es. Ideen und erste Schritte der nächsten Veränderungen liegen vor und werden vorangetrieben. Es muss gelingen, passgenaue Lösungen für die unterschiedlichen Regionen zu entwickeln. Die EINE Lösung kann und wird es nicht geben. Hingegen eine Sammlung aus Ideen, die regional individualisiert werden können, wird gemeinsam entwickelt werden.
Weiterhin betont Michael Zaske: “Gemeinsam brauchen wir alle einen langen Atem für die erfolgreiche Umsetzung.”
„ePA für alle“ läuft schon heute
Dr. med. Hiwa Dashti, Facharzt für Innere Medizin in einer Hausarztpraxis in Eberswalde
Wie läuft die “ePA für alle” im Alltag einer Arztpraxis? Der Facharzt Dr. Hiwa Dashti stellt Praxiseindrücke vor und stellt heraus, wie sehr die ePA die Behandlungssicherheit stärkt und im Alltag eine konkrete Unterstützung in der Behandlung darstellt. Wichtig seien jedoch Datensparsamkeit, Aufklärung, mehr Wertschätzung, Mut und echte Partnerschaft in der Versorgung.
Verabschiedung

von links: Andreas Wieling (IKK Brandenburg und Berlin), Daniela Teichert (AOK Nordost), Catrin Steiniger (Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg), Matthias Gabriel (Moderation)
Verabschiedung